Besprechungsfall 6
Der Abfallbeseitigungszweckverband Z, an dem mehrere baden-württembergische
Gemeinden und umliegende Gemeinden und umliegende Landkreise beteiligt
sind, möchte auf dem Gebiet der Mitgliedsgemeinde G eine Müllverbrennungsanlage
errichten und stellt im Mai 1996 den hierfür erforderlichen förmlichen
Genehmigungsantrag bei der zuständigen Genehmigungsbehörde. Das
für die Müllverbrennungsanlage einvernehmlich vorgesehene Grundstück
liegt im Außenbereich in einem Wiesengelände und ist in Hauptwindrichtung
etwa vier Kilometer von einem Gewerbegebiet entfernt. In G stehen Bürgermeisterwahlen
an. Der gegenwärtige Bürgermeister B befürchtet, daß
der Unmut seiner Mitbürger über das Projekt seine Aussichten
auf Wiederwahl verschlechtern. Er bewegt deshalb den Gemeinderat von G,
für das betroffene Gebiet einen Bebauungsplan zu erlassen, worin dieses
als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen und die Nutzung zur Abfallentsorgung
für unzulässig erklärt werden. Zur Begründung des Plans
wird geltend gemacht, daß die Müllverbrennungsanlage viel besser
auf ein Gelände im Gebiet der Gemeinde A passen würde, die ebenfalls
Mitglied des Z sei. In der Tat hätten die Einwohner von A aufgrund
der Hauptwindrichtung keinerlei von der Anlage ausgehende Immissionen zu
befürchten. Erst durch die Kontroverse um den Standort der Müllverbrennungsanlage
wird im Oktober 1996 auch der anerkannte baden-württembergische Naturschutzverband
(N) auf das Projekt aufmerksam, der bislang nicht am Genehmigungsverfahren
beteiligt worden war. N. unternimmt deshalb keine Schritte, um sich Gelegenheit
zur Äußerung und Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten
zu verschaffen.
Im Mai 1997 wird die Anlage antragsgemäß genehmigt.
B ist der Ansicht, die Genehmigung habe nicht unter Verstoß gegen
den zwischenzeitlich erlassenen und in Kraft getretenen Bebauungsplan erteilt
werden dürfen.
N hält die Genehmigung wegen Verstoßes gegen ihre Beteiligungsrechte
für rechtswidrig.
Der gelegentlich in G arbeitende Q, der jede Müllverbrennung prinzipiell
ablehnt, erhebt Anfechtungsklage gegen die Genehmigung mit der Begründung,
die von den Anlagen ausgehenden Immissionen könnten durch entsprechende
- wenngleich wirtschaftlich unvertretbare - Schutzvorkehrungen noch wesentlich
weiter unter die Schwelle einer Gesundheitsgefährdung abgesenkt werden,
als dies schon jetzt der Fall sei. Die Genehmigung verstoße gegen
das Minimierungsgebot.
Haben die Klagen von B, N und Q Aussicht auf Erfolg?